VBEW-Positionen zur Trinkwasserversorgung

Der Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft e.V. – VBEW setzt sich für eine leistungsfähige Trinkwasserversorgung als Bestandteil der Daseinsvorsorge ein. Diese muss von modernen und effizienten Unternehmen erbracht werden. Mit rund 2.350 Wasserversorgungsunternehmen weist Bayern die kleinteiligste Struktur der Trinkwasserversorgung aller Bundesländer auf. Neben einigen Fernwasserversorgungs- und regionalen Unternehmen sowie Zweckverbänden wird die Wasserversorgung von vielen Stadt- und Gemeindewerken getragen. Der Anschlussgrad an die öffentliche Trinkwasserversorgung beträgt nahezu 100 Prozent. Das dafür benötigte Wasser wird zu rund 90 Prozent aus Grundwasser entnommen. Die rund 3.500 Wasserschutzgebiete sind essentiell, um die hohe Qualität des Wassers nachhaltig zu sichern. Längere und häufige Unterbrechungen der Trinkwasserversorgung kommen in Bayern nicht vor.

  1. Wasserressourcensituation muss nachhaltig gesichert werden
    Bayern besitzt momentan unter Berücksichtigung von regionalen Unterschieden eine vergleichsweise auskömmliche Wasserressourcensituation. Trinkwasser steht der Bevölkerung in hervorragender Qualität und in ausreichender Menge zur Verfügung. Der dafür langfristige und flächendeckende Schutz der Gewässer, insbesondere des Grundwassers, ist eine staatliche Aufgabe und muss durch eine Verstärkung der Vorbeuge- und Überwachungsmaßnahmen der zuständigen Behörden künftig noch zielgerichteter sichergestellt werden.
     
  2. Der demographische Wandel stellt hohe Anforderungen
    Im Bundesland Bayern werden die Auswirkungen des demographischen Wandels in Deutschland besonders sichtbar. Regionen – insbesondere im Süden Bayerns – mit relevantem Bevölkerungszuwachs stehen Regionen – insbesondere im Norden Bayerns – mit teils erheblichem Bevölkerungsrückgang gegenüber. Die Kapazitäten der Infrastruktureinrichtungen der Wasserversorgung müssen diesen Entwicklungen angepasst werden. Für die betroffenen Unternehmen gilt es, sich organisatorisch und technisch strukturell weiterzuentwickeln.
     
  3. Wasserversorgung muss Bestandteil der Daseinsvorsorge bleiben
    Die Wasserversorgung ist in Deutschland Kernaufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge in der Zuständigkeit der Gemeinden oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften. Dieser Ordnungsrahmen hat sich dafür seit vielen Jahrzehnten bewährt und sollte grundsätzlich erhalten bleiben. Unabhängig davon erfordert eine moderne und effiziente Wasserversorgung eine Unternehmensorganisation, die geeignet ist, neuen technischen und administrativen Anforderungen gerecht zu werden.
     
  4. In der Wasserversorgung liegt erheblicher Reinvestitionsbedarf vor
    Ein wesentlicher Teil der heutigen öffentlichen Wasserversorgung in Bayern wurde zwischen 1960 und 1980 aufgebaut. Die Infrastruktur ist damit teilweise in die Jahre gekommen und daher aus verschiedensten Gründen anpassungsbedürftig. Es gilt, den Investitionsstau zügig aufzulösen. Hierzu bedarf es des politischen Willens und angemessener Wasserentgelte, um eine adäquate Investitionsquote zu ermöglichen.
     
  5. Anforderungen unabhängig von der Unternehmensgröße erfüllen
    Alle Wasserversorgungsunternehmen müssen unabhängig von ihrer Unternehmensgröße die heutigen Anforderungen an Organisationsgrad, Personalqualifikation, Effizienz, technische Regeln sowie der Arbeitssicherheit erfüllen. Bei Überprüfungen der zuständigen Aufsichtsbehörden sind einheitliche Maßstäbe anzulegen.
     
  6. Einhaltung des technischen Regelwerks
    Die Einhaltung des technischen Regelwerks ist essentiell für die Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Betriebes der Wasserversorgung. Das Regelwerk (insbesondere des DVGW) stellt nach Erarbeitung unter Beteiligung der Fachöffentlichkeit die allgemein anerkannten Regeln der Technik und Organisation dar. Die Umsetzung muss in allen Wasserversorgungsunternehmen unabhängig von Größe und Struktur anforderungsgerecht und verbindlich erfolgen.
     
  7. Wasserversorgungsstruktur hat großes Weiterentwicklungspotential
    Die besonders kleinteilige Wasserversorgungsstruktur in Bayern hat neben Vorteilen – wie der räumlichen Begrenzung von Schadensereignissen – aufgrund der ständig steigenden Anforderungen aber auch Nachteile. Es gilt, künftig durch geeignete Formen der Kooperation (z.B. durch interkommunale Zusammenarbeit) die Vorteile der vorhandenen Struktur mit den Anforderungen an eine effiziente und zunehmend komplexere Wasserwirtschaft zu kombinieren.
     
  8. Benchmarking sorgt für transparenten Unternehmensvergleich
    Freiwilliges Benchmarking unter den Wasserversorgern wird in hohem Maße bundesweit und damit auch in Bayern angewendet. Die teilnehmenden Unternehmen haben sich dadurch bei den Leistungsmerkmalen Sicherheit, Qualität, Kundenservice, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit verbessert. Davon profitieren sowohl die Unternehmen, als auch deren Kunden. In Bayern unterstützt der VBEW die Initiativen, die Teilnahmequote der Unternehmen noch weiter zu erhöhen.
  1. Zügige Ausweisung von Wasserschutzgebieten erforderlich
    Rund 5 Prozent der Landesfläche in Bayern sind als Wasserschutzgebiete ausgewiesen. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt mit rund 12 Prozent ist dies relativ wenig, insbesondere vor dem Hintergrund, dass in unserem Bundesland rund 90 Prozent des Trinkwassers aus Grundwasser gewonnen wird. In Bayern sind noch immer rund 400 Verfahren zur Überprüfung bzw. Neuausweisung von Wasserschutzgebieten offen. Um auch zukünftig einen anforderungsgerechten Trinkwasserschutz gewährleisten zu können, müssen diese Verfahren zügig abgeschlossen werden. Ebenso gilt es, die Ressource Wasser vor einer zunehmenden Flächen- und Rohstoffnutzungskonkurrenz zu schützen. Gewerbliches, land- und forstwirtschaftliches Bauen ist in Wasserschutzgebieten zu vermeiden.
  2. Wasserschutzgebiete sind wertvolle Mehrzweckgebiete
    Oftmals gehen mit der Ausweisung von Wasserschutzgebieten Synergien beispielsweise für Natur-, Umwelt-, Boden- und Artenschutz einher. Daraus dürfen der Wasserversorgung keine Nachteile erwachsen. Der Vorrang der Trinkwasserversorgung muss gewährleistet sein. Schließlich sind Wasserschutzgebiete auch wertvolle Mehrzweckgebiete, die in einem hohen Maße der Wasserversorgung zuzuschreiben sind. Sie stellen einen erheblichen, monetär nicht bezifferbaren Mehrwert für die Lebensqualität der Bevölkerung dar. Diese gesellschaftlichen Zusatzleistungen der Wasserversorger sind stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken.
     
  3. Energiewende nicht zu Lasten des Grundwasserschutzes
    Die zunehmende Gewinnung von Elektrizität und Wärme aus erneuerbaren Energien ist für den Grundwasserschutz von erheblicher Bedeutung. Innerhalb der Wassereinzugs- und Wasserschutzgebiete sind mögliche Gefährdungen für das Grundwasser durch Biomasse-, Windkraft-, Photovoltaik-, Wasserkraft- und Geothermieanlagen sowie Versorgungsleitungen nachhaltig auszuschließen. Die Wasserversorgungsunternehmen sind rechtzeitig an den Planungen zu beteiligen.
     
  4. Klimawandel bleibt Herausforderung für die Wasserversorgung
    Durch den Klimawandel werden auch in Bayern neben höheren Durchschnittstemperaturen im Allgemeinen auch längere Trocken- und Starkregenphasen mit veränderten Hochwasserereignissen erwartet. Die Wasserversorger müssen ihre Vorsorge- und Versorgungsstrategie daran ausrichten (z.B. „zweites Standbein“, Spitzenbedarfsdeckung). Einheitliche Lösungsansätze wird es aber aufgrund der unterschiedlichen regionalen Betroffenheit nicht geben können.
     
  5. Sorgsamer Umgang mit Trinkwasser ist geboten
    Die Bevölkerung geht bereits sehr sorgsam mit Trinkwasser um. Der einwohnerspezifische Wassergebrauch ist seit 1990 erheblich gesunken und sinkt weiter. Eine gelegentlich geforderte weitere pauschale Reduzierung des Wassergebrauchs ist weder erforderlich noch sinnvoll, da Bayern auch langfristig über ein ausreichendes Wasserdargebot verfügt. Entscheidend für die langfristige Sicherung unseres Trinkwassers ist vielmehr der professionelle Gewässerschutz. Beim Umgang mit Schadstoffen jeder Art (Dünge- und Pflanzenschutzmittel, Arzneimittel, etc.) muss die Vermeidung an der unmittelbaren Quelle im Vordergrund stehen.
     
  6. Wasserversorgung als sensible Infrastruktur einstufen
    Die sensiblen Infrastrukturen der Wasserversorgung sollten nicht im Internet veröffentlicht werden.
  1. Trinkwasser ist in Bayern günstig
    Der Großteil der Bevölkerung hält die von den Kunden zu zahlenden Preise und Gebühren für das Trinkwasser für angemessen. Die verschiedenen Wasserdargebotssituationen und Versorgungsbedingungen vor Ort führen zu unterschiedlichen Aufwendungen und damit Entgelten bei den Wasserversorgern. Dies muss von den Preis- und Gebührenaufsichtsbehörden bei Entgeltvergleichen angemessen berücksichtigt werden. Die Steigerungen der Entgelte für Trinkwasser liegen seit Jahren in vielen Versorgungsgebieten im Bereich der Inflationsrate. Berücksichtigt man den jeweiligen Wassergebrauch und die Leistungsstandards, so geben Kunden in Deutschland/Bayern weniger für ihr Trinkwasser aus, als die Kunden in vergleichbaren EU-Ländern.
     
  2.  Wasserentgeltkalkulation ist eine betriebswirtschaftliche Aufgabe 
    Die Wasserentgelte sind nach betriebswirtschaftlichen Erfordernissen (u.a. gemäß BDEW-Leitfaden zur Wasserpreiskalkulation) zu kalkulieren und festzulegen. Sie müssen mindestens kostendeckend sein und dem Prinzip der Nettosubstanzerhaltung gerecht werden. Politisch motivierte Wasserentgelte lehnen wir genauso ab, wie ein Streben nach Gewinnoptimierung. Auch das novellierte Bayerische Kommunalabgabengesetz (KAG) schafft die Voraussetzung für eine nachhaltige Entgeltkalkulation. Der VBEW empfiehlt, diese Möglichkeiten der Eigenkapitalbildung zu nutzen.
     
  3. Kostendeckung als Regel - Härtefallförderung als Ausnahme
    Anknüpfend an den Grundsatz der kostendeckenden Gebühren und Preise ist jeder Wasserversorger verpflichtet, seine Aufwendungen für eine nachhaltige Wasserversorgung entsprechend zu kalkulieren. In den meisten Fällen ist dies möglich und vor dem Hintergrund der Gleichbehandlung auch einzufordern. Nur aufgrund besonderer Bedingungen kann bei Härtefällen wie etwa einer stark rückläufigen Bevölkerung in einem weit verzweigten ländlichen Bereich eine staatliche Unterstützung sinnvoll sein. Sie darf aber nicht zum Ausgleich von betriebswirtschaftlichem Fehlverhalten und eben auch nicht zum Regelfall werden. Diesem VBEW-Anliegen folgen die Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben (RZWas 2016) des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) in angemessener Weise.

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Stand: 25.05.2018
Az. 182