VBEW-Positionen zur Windkraft

Die Windkraft ist ein unverzichtbarer Teil des bayerischen Strommix. Genügend Wind gibt es an vielen Stellen im Freistaat, und schon heute können rund 6 % des bayerischen Stromverbrauchs im Jahressaldo damit gedeckt werden.

Der massive Ausbau Erneuerbarer Energien ist ein erklärtes Ziel in der Bayerischen Energiewende und findet grundsätzlich eine große Zustimmung in der Bevölkerung. Windkraft ist die Energieform, die auch in Bayern noch großes Ausbaupotenzial aufweist und einen hohen Stromertrag zu vergleichsweise geringen Kosten liefert. Praktisch auf jeder freien Fläche und selbst in Waldgebieten können Windkraftanlagen mit unterschiedlichster Größe errichtet werden. Windkraftanlagen haben eine gute Ökobilanz, auch wenn der gesamte Energieaufwand für Herstellung, Nutzung und Entsorgung mit einbezogen wird.

Eine wichtige Eigenschaft der Windkraft liegt darin, dass Wind auch bei „schlechtem“ Wetter und in der kalten und dunklen Jahreszeit verfügbar ist. Dadurch stellt sie ein Komplementär zu Photovoltaikanlagen dar, da diese im Sommer aufgrund der vielen Sonnenstunden und der längeren Tage umfangreich verfügbar sind, wenn die Windkraft regelmäßig weniger zur Stromversorgung beiträgt. Darüber hinaus eignen sich insbesondere große Windparks mit mehreren Anlagen für die Produktion von klimaneutralem Wasserstoff, da sie mit entsprechend dimensionierten Elektrolyseuren ausgestattet werden können. Überschussstrom kann so in Form von Wasserstoff in die Gasnetze eingespeist werden und vor allem im Winter die Versorgungssituation stützen.

In Bayern war der Ausbau der Photovoltaik in den letzten Jahren sehr erfolgreich und ist weiter voranzutreiben. Die Photovoltaik wird den Großteil der fluktuierenden Stromerzeugung in Bayern leisten müssen. Um eine sichere Stromversorgung auch im Winter zu ermöglichen, muss neben der Stromerzeugung aus Wasserkraft und Biomasse auch die Windenergie zum Einsatz kommen.

Um die Energiewende fortführen zu können, ist deswegen dem Ausbau der Windkraft in Bayern wieder neuer Schwung zu geben. Die Windenergie ist für unser Bundesland die zweite tragende Säule beim Ausbau der heimischen Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien. Gemäß der FfE-/VBEW-Kurzstudie „Energiewende Jetzt!“ wird im Jahr 2040 eine installierte Windkraftleistung von 13 GW benötigt.

Derzeit stockt der Windkraftausbau in Bayern. Hier braucht es mit einem bayerischen Weg einen Neuanfang, der die Notwendigkeiten einer klimaneutralen Energieversorgung mit den berechtigten Interessen der Menschen vor Ort auf dem Land in Einklang bringt.

Die Bayerische Staatsregierung ist aufgefordert, für die Akzeptanz der Windkraft in Bayern zu werben und der Bevölkerung die vielen Vorteile einer Energieversorgung auf Grundlage heimischer erneuerbarer Ressourcen zu vermitteln.

Bayern soll bis 2040 klimaneutral sein, so das erklärte Ziel der Bayerischen Staatsregierung. Der VBEW unterstützt das Ziel der Klimaneutralität, mahnt aber zugleich, dass erforderliche konkrete Maßnahmen umgesetzt werden müssen, um das Ziel zu erreichen. Nur mit einem massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien können die verbleibenden fossilen Kraftwerke ersetzt werden und teure Stromimporte aus Kernkraft und Kohle vermieden werden. Die Windkraft muss bei diesem Ausbau eine der Schlüsselrollen einnehmen; die noch vielen ungenutzten Potenziale müssen dafür auch in Bayern genutzt werden.

Sowohl für die direkte Stromnutzung als auch für die Produktion klimaneutraler Gase ist eine ausreichende Erneuerbare Erzeugungsleistung notwendig. Der Ausbau muss schnellstmöglich wieder beschleunigt werden. Wir brauchen mindestens zwei große Windräder pro Woche in Bayern bis 2040! Wenn wir die Jahrhundertaufgabe Klimaneutralität in knapp zwanzig Jahren schaffen wollen, müssen alle Erneuerbaren Energieträger ausgebaut werden, aber besonders bei der Windenergie hat Bayern Nachholbedarf, um den geringen Zubau in den letzten Jahren wieder aufzuholen.

Im Jahres- und Tagesmittel ist die Windenergie ein natürlicher Partner der Photovoltaik. Bei schlechtem Wetter weht oftmals viel Wind, bei sonnigem Wetter herrscht eher Windstille. Im Winterhalbjahr spielt die Windenergie ihre Vorteile aus, wenn PV-Anlagen naturgemäß sehr wenig zur Stromerzeugung beitragen.

Der Stromversorgungsbeitrag der Windenergie ist einige Tage im Voraus gut prognostizierbar. Durch einfaches Steuern der Windkraftanlagen, der Einbindung von Speichersystemen sowie der Elektrolyseure zur Wasserstoffherstellung ist die Windkraft sehr gut in das Energieversorgungssystem integrierbar. Der Jahresstromertrag je installiertem MW ist etwa doppelt so hoch wie bei der Photovoltaik, da Wind öfter weht als die Sonne scheint. Moderne Anlagen mit großer Bauhöhe liefern einen gleichmäßigeren Ertrag als ältere kleinere Windräder. Insofern liegen im Repowering erhebliche Potenziale zur Steigerung der Stromproduktion aus Windkraft.

Fläche wird bei der Windkraft kaum „verbraucht“, denn unter der Windanlage ist Landwirtschaft fast ohne Einschränkungen weiter möglich. Windkraft und Bioenergie ergänzen sich demnach sehr gut, denn auf dem gleichen Acker können sowohl Windkraftanlagen stehen als auch Pflanzen für Energie- und Nahrungsmittelproduktion angebaut werden. Bayern mit seiner traditionell starken Landwirtschaft hat entsprechend sehr viele Flächen, die zusätzlich für die Windenergie genutzt werden können. In ähnlicher Weise sollten Windkraft- und Photovoltaikanlagen als Hybridkraftwerke kombiniert werden. Auf diese Weise kann Netzausbau vermindert werden.

Die Planung und der Bau von Windkraftanlagen sind besonders in Bayern mit erheblichen bürokratischen Hürden verbunden. Im Gegensatz zur flächenintensiveren Energiegewinnung aus Biomasse (insbesondere Biogas) sind erhebliche Restriktionen und langwierige Genehmigungsverfahren zu beklagen. Als Standort kommt in Deutschland de facto nur in Frage, was in den Regionalplänen der Länder als Vorranggebiet für Windenergie ausgewiesen wurde und einer ausführlichen naturschutzrechtlichen Prüfung standhält. Daher blieb in Bayern in der Vergangenheit wenig Platz für die Windenergie. Die Anforderungen an die Genehmigungsverfahren sind daher zu überprüfen.

Eine bayerische Besonderheit ist zudem die sogenannte 10 H-Regel, die besagt, dass Windkraftanlagen einen Mindestabstand vom 10-fachen ihrer Höhe zu geschützten Wohngebäuden einhalten müssen. Zwar können Kommunen über die Bauleitplanung auch Windparks innerhalb der 10 H-Grenzen ermöglichen, doch scheitert das in der Praxis meist an erheblichen Widerständen von Bürgerinitiativen oder Nachbargemeinden. Die Höhe einer Windkraftanlage bemisst sich dabei nach der Nabenhöhe zuzüglich Radius des Rotors, was bedeutet, dass der vorgeschriebene Abstand von neuen Windkraftanlagen zu Wohngebäuden regelmäßig über 2 km betragen muss und kaum noch geeignete Standorte übrigbleiben. Aus Sicht des VBEW ist die 10 H-Regel kontraproduktiv für die Umsetzung der Energiewende, daher muss diese durch Regeln ersetzt werden, die den bedarfsgerechten Ausbau unter Stärkung der Akzeptanz ermöglichen. Keine Gemeinde darf sich dem Ausbau der Windkraft bei entsprechender Standorteignung verweigern können.

Weiterhin schließen wir uns dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung an, 2 % der Bundesfläche für den Ausbau der Windenergie in Deutschland vorzusehen. Das 2 % Ziel muss auch für Bayern gelten.

Bei der Errichtung von Windkraftanlagen müssen die Folgen für die Natur und die lokale Tierwelt abwägend mit der Bedeutung für die klimaneutrale Energieerzeugung berücksichtigt werden. Windenergie und Naturschutz stehen dabei nicht im Gegensatz, umfangreiche naturschutzrechtliche Prüfungen in den regionalen Prüfungs- und Genehmigungsverfahren garantieren eine umweltverträgliche Lösung. Es gilt, den Artenschutz zu gewährleisten, ein Individualschutz für jeden einzelnen Vogel und jede Fledermaus wird jedoch nicht umsetzbar sein. Eingriffe in Natur und Landschaft werden durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert.

Durch technische Innovationen konnten unerwünschte Auswirkungen von Windkraftanlagen in den letzten Jahren weiter reduziert werden. Anlagen über 100 Meter Höhe müssen z. B. eine Nachtkennzeichnung haben, um anfliegende Flugzeuge zu warnen, jedoch wurde das Blinken von den Anwohnern oft als störend empfunden. In neueren Windparks überwacht jetzt eine sog. Bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung den Luftraum, so dass die Nachtkennzeichnungen nur noch dann angeschaltet werden müssen, wenn sich tatsächlich ein Flugzeug in der Nähe befindet. Neuerdings gibt es auch Vogelortungssysteme zum Schutz von Zugvögel.

In sensiblen Gebieten gelten besondere Vorschriften bei der Ausweisung von Windkraftstandorten. So werden etwa Laubwälder und Flächen mit besonders hoher ökologischer Wertigkeit von der Windenergienutzung ausgeschlossen. Forstwirtschaftlich genutzte Nadelwälder und Monoforstkulturen können dagegen günstige Standorteigenschaften für Windanlagen haben, wie beispielsweise vorhandene Zufahrten, die bereits für forstwirtschaftliche Fahrzeuge errichtet wurden. Es werden bei neuen Standorten auch ökologische Ausgleichsmaßnahmen eingeplant, etwa für Aufforstungen oder Schutzgebiete für Vogelarten.

Auch Tourismus und Windenergie müssen kein Widerspruch sein, wie Untersuchungen in verschiedenen Ferienorten gezeigt haben. Nur sehr wenige Gäste würden einen Urlaubsort wegen eines Windparks in der Nähe meiden. Es können sich sogar Imagegewinne durch Windkraftanlagen für einen Ort ergeben, da diese zunehmend für Innovationskraft, Zukunftsorientierung und Nachhaltigkeit stehen. Das gleiche gilt für die Ansiedlung von Industrie und Gewerbe in der Nähe von Windkraftanlagen.

Somit hat jede Region in Bayern an geeigneten Standorten ihren Beitrag zur Stromproduktion aus Windkraft zu leisten.

Windenergie ist eine ertragsstarke fluktuierende Energieform. Dank der bisherigen Investitionen und der EEG-Förderung sind die Preise je kWh teilweise unter das Niveau der fossilen Energieträger gesunken. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund des steigenden CO2-Preises und entsprechender Marktentwicklungen Windkraft in Zukunft generell günstiger sein wird im Vergleich zur Stromerzeugung aus fossilen Energien. Wie bei allen fluktuierenden Energien werden aber noch weitere Investitionen für Speicher, Netze und Ausgleichskraftwerke erforderlich, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten (Stichwort: Dunkelflaute).

Windparks werden auch im Süden Deutschlands wirtschaftlich betrieben. Technische Innovationen und große Bauhöhen machen es heute möglich, dass bereits bei niedrigen Windgeschwindigkeiten ein sinnvoller Stromertrag erzielt wird. Wird Windstrom direkt in Bayern erzeugt, hat das zusätzliche Vorteile, da die Transportwege kürzer werden. So sinken die Kosten für den Netzausbau und die Übertragungsverluste fallen weniger ins Gewicht.

Für eine Nutzung der Windenergie spricht zudem, dass Bayern unabhängiger von Rohstoffimporten wird. Wind ist eine der wenigen Ressourcen, die in unserem Bundesland kostenlos verfügbar ist. Auch die Fertigung der Windanlagen erfolgt meistens im Inland, so dass im Gegensatz zu Stromimporten die Wertschöpfung größtenteils in Deutschland und in Bayern verbleibt.

Die Investitionskosten in eine Windkraftanlage sind erheblich und fallen im Wesentlichen vor deren Inbetriebnahme an. Die Investition wird nur getätigt, wenn diese über viele Jahre verlässliche Erträge liefern kann. Die Windenergie braucht daher langfristige Planungssicherheit und stabile Rahmenbedingungen, auch um Kommunen und die Bürgerschaft als Finanzierungspartner für Projekte zu gewinnen.

Bei Windkraftanlagen ist zudem schon im Vorfeld eine umfangreiche und viel Zeit in Anspruch nehmende Projektplanung erforderlich. Damit diese Ressourcen möglichst effizient eingesetzt werden, sind verständliche und unbürokratische Genehmigungsverfahren dringend erforderlich. Insbesondere beim Repowering sind straffe Genehmigungsverfahren der Schlüssel für einen zügigen Windkraftausbau. Eine verlässliche Politik ist gefragt, um Rechtssicherheit für die Investitionen in der Energiewende zu schaffen.

Die erforderlichen Mitarbeiter lassen sich für die Windkraftnutzung nur gewinnen, wenn diese in diesem Wirtschaftszweig eine langfristige Perspektive finden. Schon heute stellt der Fachkräftemangel die Anlagenbetreiber vor erhebliche Probleme, wenn z.B. notwendige Wartungsarbeiten nur mit Verzögerung durchgeführt werden können. Denn an jedem Tag, an dem die Anlage nicht läuft, kann sie auch keinen Beitrag leisten, die Investitionskosten zu amortisieren und die Energiewende voranzubringen.

Die Unternehmen der Energiewirtschaft unterstützen das Ziel der Bayerischen Staatsregierung, Bayern bis 2040 zum ersten klimaneutralen Bundesland umzubauen. Die Errichtung neuer Windkraftanlagen ist ein essenzieller Bestandteil, die Stromerzeugung und die Produktion von Wasserstoff ohne CO2-Emissionen bewerkstelligen zu können.

Große Ziele erfordern die partnerschaftliche Zusammenarbeit unterschiedlicher Beteiligter. Der VBEW bietet den windkraftbetreibenden Unternehmen die Zusammenarbeit an, um dem gemeinsamen Anliegen - Windkraftausbau in Bayern - Nachdruck zu verleihen und es bei den Entscheidungsträgern vorzubringen. Es bietet sich hierzu an, das bereits mit der Solarwirtschaft erfolgreich abgeschlossene Memorandum für die Errichtung von PV-Freiflächenanlagen in Bayern, um die Windkraftnutzung zu erweitern. Die Arbeiten hierzu wurden unter Koordination des Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (StMWi) aufgenommen.

Durch die Einspeisung von Strom aus Wind und Sonne ergeben sich neue Herausforderungen für die Stromnetze, für die diese ursprünglich nicht ausgelegt waren. Es wird sowohl ein Ausbau der Verteilernetze erforderlich sein, um Strom aus Windkraftanlagen in Bayern vor Ort einspeisen zu können, als auch der Übertragungsnetze, um den Windstrom über längere Entfernungen zu transportieren. Die Nord-Süd-Verbindungen SuedLink und SuedOstLink müssen schnellstmöglich umgesetzt werden, um überschüssigen Windstrom aus Norddeutschland auch in Bayern nutzen zu können. Der insgesamt notwendige Netzausbau kann aber durch systemdienliche Speicherung der Einspeisespitzen vor Ort und intelligente Anlagenkonzepte signifikant reduziert werden.

Als Speicher für Windstrom eignen sich auch „Second-Life-Batterien“ aus dem Elektromobilitätssektor. Diese können in Containern direkt als Teil eines Windparks integriert werden, genauso wie Elektrolyseure zur Wasserstoffproduktion. Beides trägt zur Vermeidung von Einspeisespitzen und zur Netzentlastung bei.

Die Energiewende und die Abkehr von fossilen Brennstoffen zur Stromerzeugung genießen bei der überwiegenden Mehrzahl der Bevölkerung eine hohe Akzeptanz. Die meisten Bürger*innen unterstützen den Weg der Staatsregierung, die wegfallenden Kernkraftwerke möglichst durch Erneuerbare Energien zu ersetzen und die Klimaneutralität bis 2040 zu erzielen. Die Bayerische Staatsregierung sollte sich von den wenigen Windkraftgegnern nicht verunsichern lassen. Sie sollte die Befürworter und nicht die Gegner stärken.

Wie dargelegt, ist ein bedarfsgerechter Ausbau der Windenergie für die sichere, bezahlbare Stromversorgung in Bayern unerlässlich. Die inzwischen verhärtete Auseinandersetzung zwischen Windkraftgegnern und -befürwortern kann sich unser Land nicht länger leisten. Der VBEW wirbt deswegen für einen bayerischen Weg, der den raschen Ausbau der Windenergie überall dort, wo er sinnvoll ist, auch ermöglicht. Die Bayerische Staatsregierung ist aufgefordert, dem dafür erforderlichen Dialog wieder neuen Schwung zu geben.

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Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft e.V. - VBEW

Stand: 01.02.2022
Az 182