VBEW-Positionen zur Wasserkraft

Die Wasserkraft ist nach der Photovoltaik gemessen an der Stromproduktionsmenge die wichtigste erneuerbare Stromquelle in Bayern und trägt etwa 13 Prozent zur Deckung des nutzbaren Stromverbrauches bei. Zunehmend kann unser Land seinen Strombedarf nicht mehr gesichert durch eigene bayerische Kraftwerke decken. Es bleibt aber das Ziel der Bayerischen Staatsregierung, auch nach dem Abschalten der Kernkraftwerke, möglichst viel Strom in heimischen Anlagen verbrauchsnah zu erzeugen. Vor dem Hintergrund, dass aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung der Energieanwendungen der Stromverbrauch künftig weiter ansteigen wird, der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung in Bayern bis 2025 auf 70 % steigen soll und die Kohleverstromung zudem bundesweit möglichst bereits bis 2030 zu beenden ist, kommt der Weiterentwicklung der sicher und zuverlässig zur Verfügung stehenden Wasserkraftnutzung für unsere Volkswirtschaft eine zentrale Bedeutung zu.

In der Gebietskulisse Wasserkraft des Bayerischen Wirtschaftsministeriums wird von einem Ausbaupotential von rund 1 Mrd. kWh/a (ca. 1,25 % des derzeitigen Stromverbrauchs in Bayern) ausgegangen. Bei den derzeitigen Strompreisen lassen sich Potentiale zur Effizienzsteigerung im Bestand und Ausbau an Wasserkraftwerken zunehmend wirtschaftlich darstellen. Die Änderung des Markt- und Förderdesigns sollte durch den Gesetzgeber dahingehend erfolgen, dass Investitionen in die Erzeugung aus regenerativer Energie aus Wasserkraft langfristig wirtschaftlich bleiben und notwendige Systemdienstleistungen zur Versorgungssicherheit angemessen vergütet werden.

Die aktuellen Entwicklungen zur Schaffung von besseren Rahmenbedingungen zur Hebung der Potentiale zur Stromerzeugung aus Wasserkraft stimmen uns dazu aber nicht zuversichtlich. Fortlaufend zunehmende Anforderungen wie beispielsweise an die Höhe von Mindestwasserabgaben und Dotationsmengen von Fischaufstiegsanlagen gefährden die Ziele der Bayerischen Staatsregierung. Ohne signifikante Veränderungen in der grundsätzlichen Ausrichtung sowie in Detailaspekten ist zu erwarten, dass die entstehende Minderproduktion aufgrund der Realisierung von Restwasser- und Durchgängigkeitsmaßnahmen an bestehenden Wasserkraftwerken durch deren Neubau, Modernisierung und Nachrüstung noch nicht einmal ausgeglichen werden kann. D. h., es ist sogar zu befürchten, dass zukünftig in der Summe weniger Strom aus Wasserkraft als bisher erzeugt wird.

Die Wasserkraft ist ein unverzichtbarer Bestandteil unseres erneuerbaren Energiemixes und hat darüber hinaus verschiedene Zusatznutzen für die Gesellschaft, die im Folgenden aufgezeigt werden.

Die Wasserkraft hat gegenüber anderen erneuerbaren Energien erhebliche energiewirtschaftliche Vorteile. Sie ist in der Lage, je nach eingesetzter Technik und Anforderung, effizient Grund- und Spitzenlast zur Verfügung zu stellen. Sie ist kontinuierlich verfügbar, gut prognostizierbar und sehr gut regelbar.

Die steigende Stromerzeugung aus der witterungs-, jahreszeit- und tageszeitabhängigen Photovoltaik und Windkraft erfordert den verstärkten Einsatz von Energietechniken, die sicherstellen, dass die benötigte Elektrizität weiterhin bedarfsgerecht zur Verfügung steht. Wasserkraft erfüllt in besonderer Weise diese grundlegende energiewirtschaftliche Anforderung. Sie hilft den zunehmenden Regelenergie- und Speicherbedarf durch Pumpspeicher- und Speicherkraftwerke bereitzustellen. Wasserkraft ist derzeit die einzige marktfähige Technologie, um Strom im großtechnischen Maßstab speichern zu können. Sie erfüllt damit bestmöglich die energiepolitischen Zielsetzungen einer sicheren, nachhaltigen und qualitativ hochwertigen Energieversorgung auf Grundlage erneuerbarer Energien. Wasserkraftwerke sind im Verteilernetz angeschlossen und erzeugen den Strom für die Deckung der Grundlast in der Region. Damit reduzieren sie die Kosten für den Ausbau des Stromübertragungsnetzes und vermeiden Leitungsverluste. Viele der Systemdienstleistungen werden jedoch derzeit nicht vergütet, dienen aber klar der Versorgungssicherheit und Netzstabilität. Der Flächenbedarf ist dabei nicht größer als bei den derzeit umgesetzten verfügbaren Batteriespeichern. Mögliche negative Auswirkungen auf Umwelt und speziell betrachtete Fischpopulationen können in Projekten vermieden oder ausgeglichen werden.

Die Wasserkraft als erneuerbare und umweltfreundliche Energiequelle leistet einen großen Beitrag zu einer ressourcenschonenden und CO2-armen Stromerzeugung. Sie ist zur Einhaltung der Klimaschutzziele unverzichtbar. Strom aus Wasserkraft vermeidet jährlich in Bayern rund 10 Mio. t CO2 gegenüber einer Erzeugung aus Braunkohle. Laut der Studie des Umweltbundesamtes „Emissionsbilanz erneuerbarer Energieträger, 2024“, hat die Wasserkraft den größten netto CO2-Vermeidungsfaktor von 815 g/kWh unter allen regenerativen Erzeugungsformen. Dies bildet sich auch in der von der Industrie- und Handelskammer München/Oberbayern in 2023 ermittelten Zahl von 16.000 €/Jahr für 100.000 kWh vermiedene jährliche Klimafolgekosten ab. Der aus Wasserkraft erzeugte Strom leistet somit einen direkten Beitrag zum Klimaschutz aber auch zu den vermiedenen Klimafolgekosten.

Der historische Staustufenbau verlangsamte die fortschreitende Eintiefung der bereits zuvor begradigten Gewässer deutlich und führte zu stabilen Mittelwasser- und Grundwasserverhältnissen. Die Anhebung des Grundwasserspiegels durch die Stauhaltungen ist an vielen Stellen der entscheidende Faktor für den Fortbestand naturschutzfachlich bedeutender Auwälder sowie von Feucht- und Moorgebieten. Auch die Landwirtschaft und die Trinkwassergewinnung profitieren von der Grundwasserspiegelanhebung.

Die durch die Wasserkraftnutzung bedingte morphologische Veränderung des Flusswasserkörpers hat zur Entwicklung neuer, ökologisch wertvoller Biotope und Habitate geführt. Viele Stauräume haben sich zu anerkannten und durch internationale Regelungen (Natura 2000, FFH, Ramsar-Konvention) geschützten Rückzugsgebieten bedrohter Tierarten entwickelt.

Wasserkraft und Umweltschutz lassen sich nicht nur in ausgewogener Weise in Übereinstimmung bringen – Wasserkraftnutzung ist Klima- und Umweltschutz. Das gilt ebenfalls für Neuanlagen insbesondere an vorhandenen und neuen Querbauwerken, die ursprünglich für andere Ziele z.B. zur Flusssanierung oder als Speicher konzipiert waren.

Im Hinblick auf Klimaschutz und Klimafolgenanpassung kommen noch weitere Funktionen im Falle von Dürren und Wasserknappheit sowie bei Extremereignissen hinzu. Die Verfügbarkeit von Trink- und Brauchwasser oder Wasser für die landwirtschaftliche Nutzung wird durch Querbauwerke erhöht und diese tragen so insgesamt zu einer Verbesserung der Wasserverfügbarkeit bei. In den Stauräumen haben sich sekundäre Auen und Feuchtgebiete entwickelt, die ebenso vor Austrocknung geschützt sind und für einen Rückhalt sorgen. Des Weiteren bilden sie in Dürre- und Niedrigwasserzeiten wichtige Rückzugshabitate für Fische, Wasserinsekten und Muscheln und können zur Niedrigwasseraufbesserung bei extremer Trockenheit dienen. Bei vielen Wasserkraftwerken sind zudem der Hochwasserschutz und die sichere Hochwasserabfuhr ein elementarer Bestandteil des Anlagenkonzepts. Die Wasserkraftbranche hat hier zeitnah die Anlagen auf den Stand der Technik gebracht, so dass Wehre, Dämme und Deiche auf einem hohen Sicherheitsgrad gegen Extremhochwasser ausgebaut, betrieben und naturnah unterhalten werden.

Wasserkraft ist kapitalintensiv und benötigt deshalb langfristige Investitionssicherheit sowie politisch stabile Rahmenbedingungen. Die Wasserkraftwerksbetreiber stellen sich den Herausforderungen des Wettbewerbs innerhalb eines liberalisierten Binnenmarkts in Europa. Grundsätzlich sollten sich alle Stromerzeugungsformen im technologieoffenen Wettbewerb am Markt messen lassen und nicht an Fördertöpfen „hängen“. Staatliche Zusatzlasten und administrative Hemmnisse dürfen die Wirtschaftlichkeit der Wasserkraftnutzung aber nicht gefährden.

Es dürfen z. B. keine Festlegungen in wasserrechtlichen Bescheiden getroffen werden, die die Betreiber zur entschädigungslosen Duldung von Wasserentnahmen verpflichten. Sie gefährden substanziell die für die Wasserkraftnutzung notwendige Investitionssicherheit. Wenn sich am Strommarkt die Wertigkeit der Stromerzeugung aus Wasserkraft nicht angemessen abbildet, ist es zur Erschließung des zusätzlichen Strompotentials aus bestehenden Anlagen geboten, die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vorgegebene Förderschwelle bei Erhöhung des Leistungsvermögens von derzeit 10 % deutlich abzusenken. Dies gilt insbesondere für Anlagen mit einer installierten Leistung von größer 5 MW.

Der von der Bayerischen Staatsregierung beabsichtigte „Wassercent“ darf sich nicht auf die Wassernutzungen der Wasserkraft erstrecken, denn das zur Stromerzeugung abgeleitete Wasser wird dem Gewässer unmittelbar wieder zugeleitet.

Die bayerischen Wasserkraftwerksbetreiber nehmen eine Vielzahl von Maßnahmen der allgemeinen Gewässerbewirtschaftung und zum Gewässerunterhalt wahr. Sie sichern dauerhaft die Flussufer, erhöhen und verstärken vorhandene Uferschutzbauten, wenn Infrastruktur und Eigentum gefährdet sind (z.B. Brücken) und entfernen darüber hinaus auch große Mengen (mehrere zehntausende Kubikmeter/Jahr) von Zivilisationsmüll aus den Flüssen.

Über die früheren bayerischen Landesentwicklungsprogramme wurde die Errichtung von Staustufen meist in Verbindung mit wasserwirtschaftlichen Aufgaben vorgenommen (z. B. Begrenzung fortschreitender Sohlenerosion, Ausbau von Wasserstraßen, Verbesserung des Hochwasserschutzes). Die großen Stauanlagen an den Gewässern 1. Ordnung sind in der Regel Teil einer Flusssanierung und heute integraler Bestandteil des staatlichen Hochwasserschutzsystems. Dieses Ausbaukonzept hat sich bewährt, da neben der Hochwasserschutzfunktion auch wasserwirtschaftliche und ökologische Zielsetzungen erfüllt werden. Damit ist die Wasserkraft der einzige regenerative Energieträger, der einen bedeutenden volkswirtschaftlichen Zusatznutzen ganz besonders in Bayern leistet.
Mit der Auferlegung zusätzlicher öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen darf die Wasserkrafterzeugung aber nicht in die Unwirtschaftlichkeit getrieben werden; der Zusatznutzen und ökologisches Wirtschaften sollten bei künftigen Auflagen an Betrieb und Unterhalt der Anlagen positivere Berücksichtigung finden.

  • Die vorstehend angeführten gemeinnützigen Aufgaben wie
  • Hochwasserschutz,
  • Absicherung der Flussufer,
  • Erhöhung und Verstärkung von Uferschutzbauten mit Infrastruktur (Brücken, Dämme),
  • Begrenzung der fortschreitenden Sohlenerosion,
  • Sedimentmanagement,
  • Herstellung Durchgängigkeit,
  • Gewässerrestrukturierung und Erhalt von Fischpopulationen,
  • Maßnahmen zum Erhalt der Artenvielfalt an Dämmen und Deichen,
  • Sicherstellung der Wasserstände für Wasserstraßen und
  • Beseitigung des Zivilisationsmülls,

müssen von Staat und Gesellschaft angemessen gewürdigt und deren Kosten solidarisch im Sinne einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe verteilt werden.

Viele behördliche Genehmigungsverfahren für die Wasserkraftnutzung sind gekennzeichnet durch einen zu hohen Prüfungsumfang und Detaillierungsgrad. Es werden zusätzlich umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfungen, FFH-Verträglichkeitsstudien, spezielle artenschutzrechtliche Prüfungen und Landschaftspflegerische Begleitpläne erstellt. Die Genehmigungen werden dabei längstens für maximal 30 Jahre erteilt.

Im Hinblick auf die erfolgten Änderungen am Ordnungsrahmen, wonach die Wasserkraft im überragenden öffentlichen Interesse (unabhängig von der Anlagengröße) liegt und der öffentlichen Sicherheit dient, muss dieser Umstand auch in den Genehmigungsverfahren seinen Niederschlag finden.

Weil wir uns unserer Verantwortung für die Ökologie bewusst sind, stehen wir zu unseren Verpflichtungen des Wasserhaushaltsgesetztes (§§ 33ff, Durchgängigkeit, Restwasser und zu Maßnahmen zum Schutz von Fischpopulationen). Im Einzelfall führt das zu unterschiedlichsten Konzepten, die sich im Bestand oder Neubau an den örtlichen Gegebenheiten orientieren müssen. Diese müssen umsetzbar und auch nach technischen und ökologischen Kriterien eine positive Wirkung erkennen lassen. Überzogene Forderungen, die keinen wesentlichen ökologischen Mehrwert liefern, sind durch die Fachbehörden abzulehnen. Für die gebotene Abwägung mit dem Arten- und Naturschutz sollte unter angemessenen Voraussetzungen demzufolge eine gesetzliche Regelvermutung auch zu Gunsten des Klimaschutzes und des Ausbaus der erneuerbaren Energien gelten, wenn – wie vorstehend angesprochen – Forderungen über gerechtfertigte technische, ökologische Anforderungen hinausgehen.

In diesem Sinne sollte auch die Errichtung von Wasserkraftwerken an neuen Querbauwerken kein Tabu sein, da diese den gesetzlichen Anforderungen grundsätzlich entsprechen, wenn sie lokal in ein flussgebietsbezogenes Konzept eingebunden oder sogar für Flusssanierungen erforderlich sind.

Rechtssicherheit sollte durch die Anwendung einer bundeseinheitlichen, auf wissenschaftlicher Evidenz basierenden Bewertungsmethode bei der Artenschutzprüfung geschaffen werden. Diese muss den Blick auf die Auswirkung auf Populationsebene, speziell hier z.B. dem Erhalt von Fischpopulationen im Flussgebiet im gesamtheitlichen Ansatz, richten. Die Tatsache, dass eine Art geschützt ist, spiegelt nicht die lokale Gefährdung der Population wider.

Für die investierenden Unternehmen bedeuten die aufwendigen behördlichen Verwaltungsverfahren einen belastenden Kosten- und Zeitfaktor, der die angespannten personellen Ressourcen – auch in den Behörden – herausfordert. Dieser Umstand hemmt die erforderlichen Investitionen in den Ausbau der Wasserkraft. Die Verfahren sollten sich daher verstärkt an den schon oft versprochenen Zielen der Vereinfachung und Deregulierung orientieren. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der ehrgeizigen Ziele der Staatsregierung zum Ausbau der Wasserkraft.

An der Nutzung der Wasserkraft besteht ein überragendes öffentliches Interesse. Sie dient damit dem Allgemeinwohl. Gerade die energiewirtschaftlichen Belange müssen im Abwägungsprozess durch Einbezug von unparteiischem Experten-Know-how im Rahmen der Genehmigung entsprechend ihrer großen Bedeutung gewürdigt werden. Angemessen zu berücksichtigen sind dabei insbesondere die Höhe der getätigten Investitionen und die Länge der Amortisationszeiträume. Den hohen Kapitalrückflusszeiten geschuldet, sollten Bewilligungszeiträume von mehr als 30 Jahren möglich sein. Investitionen in Neuanlagen oder aufwendige Sanierung der teilweise über 100 Jahre alten Infrastrukturanlagen rechnen sich betriebswirtschaftlich unter Umständen erst nach über 50 Betriebsjahren.
Der VBEW fordert von der Bayerischen Staatsregierung Rahmenbedingungen, die sicherstellen, dass die Wahrung und Erschließung der Wasserkraftpotenziale zügig vorankommt und die zuständigen Genehmigungsbehörden die einschlägigen Verfahren zielgerichtet abarbeiten können. Dabei sollte die Zielerreichung der Bayerischen Staatsregierung zum Heben des Potentials der Wasserkraft stets im Blickfeld bleiben.

Ein entscheidendes Hindernis für den Ausbau der erneuerbaren Energien stellt die überlange Dauer der Planungs- und Genehmigungsverfahren dar. Für die Erreichung der Klimaschutzziele ist eine erhebliche Beschleunigung dieser Prozesse erforderlich. Dies entspricht auch den Zielen der Bundesregierung, die in ihrem Koalitionsvertrag sogar eine „drastische“ Beschleunigung im Ausbau vorsieht. Bayern strebt die Klimaneutralität sogar bis spätestens 2040 an.

Ein Grund für die überlange Verfahrensdauer ist unter anderem, dass die aktuell zuständigen lokalen Genehmigungsbehörden bei großen Erneuerbare Energien (EE)-Projekten in der Regel sowohl personell als auch hinsichtlich der Komplexität der zu berücksichtigenden Belange an ihre Belastungsgrenzen stoßen. Naturschutzfachliche und -rechtliche Unterlagen, die keinen Platz in vielen großen Papierordnern finden, sind nicht zu durchdringen.

Die durchgeführten und noch geplanten bundesweiten Gesetzesänderungen zur Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren sollten daher auf Landesebene durch gezielte Regelungen zur verbesserten Behördenzuständigkeit flankiert werden. Hierzu könnte beispielweise landesweit eine Behörde mit ausreichender Personalausstattung und entsprechender Expertise als One-stop-shop für Planungs- und Genehmigungsverfahren von großen EE-Projekten für zuständig erklärt werden und den fachlich fundierten Abwägungsprozess im Gesamtkontext begleiten.

Die bayerischen Wasserkraftunternehmen unterstützen das Ziel der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), Gewässer mit ihren Ökosystemen und Wasserressourcen zu erhalten oder ihren Zustand zu verbessern. Um den Beitrag der Wasserkraft zur Stromerzeugung in Bayern nicht zu schmälern, ist es allerdings erforderlich, die ökologischen Ziele der WRRL evidenzbasiert umzusetzen. Die Wasserkraftbetreiber benötigen stabile, langfristig gültige Rahmenbedingungen. Unter diesen Voraussetzungen sind sie auch bereit, einen bestmöglichen Beitrag zu den ökologischen Anforderungen zu leisten.

Bei der Aufstellung und Verfolgung der Ziele für die Umsetzung der WRRL müssen ökologische, ökonomische, energiewirtschaftliche und technische Aspekte im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausgewogen berücksichtigt und umgesetzt werden. Hinzu kommt die Berücksichtigung der Sozialfunktion am Gewässer. Hierzu zählt vor allem auch die öffentliche Daseinsvorsorge, der neben den in Punkt 5. genannten gemeinnützigen Aufgaben eine durch die Wasserkraft geförderte diskriminierungsfreie, sichere und preiswürdige öffentliche Stromversorgung zuzuordnen ist.

Daraus folgt insbesondere, dass Wasserkraftbetreiber nur dann zur Verbesserung der Durchgängigkeit, Erhöhung des Mindestwasserabflusses und Ergreifung technischer Maßnahmen zum Schutz der Fischpopulation herangezogen werden, wenn es Nachweise der positiven Wirkung auf Populationsebene gibt oder zu erwarten sind und diese damit der Erreichung der festgelegten Bewirtschaftungsziele dienen und keine ökologisch und wirtschaftlich bessere Alternative möglich ist („best environmental option“). Derzeit sind die Forderungen zur WRRL-Umsetzung inkohärent zu den europäischen Vorgaben der Energieversorgung. Die energetische Nutzung der Gewässer dient dem Klimaschutz und der Reduzierung der möglichen Schäden aus den Klimafolgen und muss im Abwägungsprozess mit anderen ökologischen Anforderungen angemessen gewürdigt werden.

Die Wasserkraftbetreiber nehmen den gesetzlich geforderten Schutz der Fischpopulation und den Erhalt der Artenvielfalt beim Betrieb von Wasserkraftanlagen ernst. Dabei sind derzeit noch viele Fragen der Populationsbiologie der Fische im Gewässersystem und der Verhaltensbiologie an wasserbaulichen Anlagen offen. Die im VBEW organisierten Wasserkraftwerksbetreiber engagieren sich daher sehr stark in den laufenden interdisziplinären Arbeitsgruppen auf bayerischer, bundesweiter und europäischer Ebene mit dem Ziel, geeignete Maßnahmen zum nachhaltigen Schutz und Erhalt der Fischpopulationen zu entwickeln. Die bayerische Wasserkraftbranche hat und wird Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe für die Erreichung dieser Ziele tätigen. Die Wasserkraft ist bereit, ihren Beitrag zu leisten, wenn ein verursachergerechtes Maßnahmenpaket zum Erhalt der Populationen entwickelt wird, bei dem alle Nutzer der Gewässer ihren Beitrag leisten. Der Fokus muss auf das gesamte Gewässersystem mit seiner historischen anthropogenen Überformung, den notwendigen Schlüsselhabitaten und Bewirtschaftern mit Stoffeinträgen gelegt werden und darf nicht isoliert auf die offensichtlich „präsenten“ Wasserkraftanlagen eingeschränkt werden.

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Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft e.V. - VBEW

Stand: 10.04.2024
Az. 182