11.12.20

Ist das Nitratproblem in Bayern plötzlich nur noch halb so schlimm?

In Bayern wird der Großteil des Trinkwassers aus Grundwasser gewonnen. Der flächendeckende Schutz dieser natürlichen, für uns aller Leben wichtigsten Ressource muss daher oberste Priorität haben. Um dies zu gewährleisten, müssen unter anderem die Nitrateinträge, die maßgeblich aus der Landwirtschaft stammen, signifikant reduziert werden. Diese Einschätzung teilt auch die EU-Kommission und hat nach der Novelle der Düngeverordnung 2017 weitere Nachbesserungen zur Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie von Deutschland gefordert. Seit 01.05.2020 gilt deshalb die neue Düngeverordnung, die auch neue Kriterien und Maßnahmen für mit Nitrat belastete sowie eutrophierte Gebiete vorsieht. In der bayerischen Umsetzung – der Ausführungsverordnung Düngeverordnung (AVDüV) – haben sich die mit Nitrat belasteten Gebiete nun im Vergleich zur Kulisse aus dem Jahr 2018 - zumindest auf den ersten Blick wundersam - halbiert. Bisher waren rund 25 % der Landesfläche als Nitrat belastetes, sogenanntes rotes Gebiet, ausgewiesen. In der nun vorliegenden Gebietskulisse reduziert sich diese Fläche auf 12 %. Und dass, obwohl die Nitratwerte in Bayern seit Jahren weitgehend konstant sind und an einigen Stellen sogar steigen. Der Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft e.V. – VBEW äußert daher massive Kritik an der Verordnung. „Da fällt einem doch gleich das Kinderlied von Pippi Langstrumpf ein: Ich mache mir die Welt wie sie mir gefällt. Damit es nicht so auffällt hat man sich zumindest redlich bemüht, dem vorliegenden Ergebnis einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben“, sagt Detlef Fischer, Geschäftsführer des VBEW.

Grund für die Reduzierung der roten Gebiete ist ein grundlegend anderes Ausweisungsverfahren als 2018. Aufgrund verschärfter Auflagen in den roten Gebieten, liegt der Ansatz nunmehr weniger auf einer möglichst flächendeckenden Vorsorge, sondern mehr auf einer Hot-Spot Strategie. Diese Strategie ist im Sinne eines flächendeckenden Grundwasserschutzes allerdings nicht nachhaltig und lässt sich auch ganz gut mit dem aktuellen Corona-Pandemiemanagement vergleichen. Ist ein Hot-Spot im Griff, hat man dafür woanders fünf Neue. Insbesondere in der Öffentlichkeit wird somit der Eindruck erweckt, das Nitratproblem sei jetzt weitaus weniger brisant als bisher. Das ist ein fatales Signal, nicht nur unter dem Aspekt der tatsächlichen Belastungssituation, sondern auch aufgrund der sich entwickelnden Dynamik. Nachdem das Ausweisungsmessnetz, welches die Messwerte als Grundlage für die Gebietsausweisung liefert, in den nächsten Jahren mehr als verdoppelt werden soll, geht der VBEW davon aus, dass sich die Gebietskulisse dann in Teilen erneut signifikant verändern wird. Solange wesentliche Messwerte fehlen, fordert der VBEW keine Verkleinerung der roten Gebiete vorzunehmen.

 

„Zumindest einige Mitgliedsunternehmen berichten uns von einer tendenziell ansteigenden Nitratbelastung ihrer Brunnen. Wie will man einem Landwirt vermitteln, dass dieser 2018 in einem roten, 2021 in einem grünen und 2024 wieder in einem roten Gebiet liegt oder kann man einen solchen Fall bereits jetzt ausschließen? Wir schlittern sehr wahrscheinlich in ein Glaubwürdigkeitsproblem“, sagt Detlef Fischer, Geschäftsführer des VBEW. Es wird nun Aufgabe der Staatsregierung sein, in der Kommunikation der AVDüV an alle Beteiligten (Wasserwirtschaft, Landwirtschaft, Öffentlichkeit) zu vermitteln, dass die Gebietskulissen von 2018 und 2020 nur bedingt vergleichbar sind und die tatsächliche Belastung der Wasserressourcen mit Nitrat sich auf einem konstanten und zu hohen Niveau bewegt. Auch darf nicht der Eindruck erweckt werden, grüne Gebiete wären hinsichtlich der Nitratproblematik gänzlich unbelastet. Hier gelten lediglich bestimme Erleichterungen für bestimmte, oftmals kleinere, Betriebe.

 

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