17.08.16

Strom: Angebot und Nachfrage passen nicht

Wenigstens im Bäckerhandwerk gilt noch das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Wenn ein Bäcker zu viele Brötchen backt, dann bleibt er darauf sitzen und kann diese höchstens noch, um Entsorgungskosten zu sparen, an Schweine verfüttern. Bei der Energiewende ist das völlig anders: Wer Strom aus erneuerbarer Energie erzeugt, z. B. aus Photovoltaik (PV) macht das immer dann, wenn die Sonne scheint. Wird der Strom vor Ort nicht gebraucht, kümmert sich der Stromnetzbetreiber um den kostenlosen Weitertransport und um die Bezahlung des in das öffentliche Netz eingespeisten Stroms. Ist das Netz voll, muss die PV-Anlage abgeregelt werden, aber der Anlagenbetreiber bekommt vom Stromnetzbetreiber trotzdem sein Geld für die entgangene Stromproduktion. „Die Politik hat bei der Energiewende, die bislang nur eine Stromerzeugungswende ist, in den letzten Jahren die Kräfte des Marktes völlig außer Betrieb gesetzt. Das kommt jetzt unseren Stromkunden teuer zu stehen. Wir gehen von weiter steigenden Strompreisen zur Finanzierung der Energiewende aus“, sagte Detlef Fischer, Geschäftsführer des Verbandes der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft e. V. – VBEW.

An Mariä Himmelfahrt (15.08.2016) könnte es mal wieder besonders kritisch werden. Die Sonne scheint von einem wolkenlosen Himmel. Die Bayern sind im Urlaub oder machen einen Tagesausflug und verbrauchen daher viel weniger Strom als sonst. Die rund 500.000 Photovoltaikanlagen auf den bayerischen Dächern und Wiesen mit einer Nennleistung von über 11.000 MW produzieren dann um die Mittagszeit den Strom auf Hochtouren. Zusätzlich nutzen Windkraft-, Biogas- und Wasserkraftanlagen ihren Produktionsvorrang vor den großen konventionellen Kraftwerken und speisen den Strom ebenfalls in die Netze ein. Wirklich gebraucht wird aber in Bayern nur etwa die Hälfte davon (siehe Grafik). Dann sind die Stromnetzbetreiber in Bayern gefordert. Die Fachleute in den Stromleitstellen kümmern sich für die Anlagenbetreiber darum, den Strom dorthin zu leiten, wo er gebraucht wird. Viel Strom geht zu dieser Tageszeit nach Österreich, wo die Pumpen der Speicherkraftwerke auf Knopfdruck der Ingenieure den überschüssigen Strom dazu verwenden, Wasser auf den Berg zu transportieren. Manchmal bekommen unsere Nachbarn für das Einspeichern sogar richtiges Geld. Sind die Netze voll und können keinen Strom mehr aufnehmen, müssen die Anlagen nach einem genauen Plan diskriminierungsfrei abgeregelt werden. Aber die PV-Stromerzeuger müssen sich keine Sorgen machen, denn sie werden dafür finanziell entschädigt.

Schon am Abend kehrt sich die Situation dann wieder um. Die PV-Stromproduk­tion bricht gegen 18:00 Uhr zusammen und der Stromverbrauch steigt wieder deutlich an. Um Verbrauch und Produktion in Übereinstimmung zu bringen, werden die bayerischen Kraftwerke hochgefahren. Auch die Österreicher freuen sich wieder, denn jetzt können diese „unseren Strom“ als Wasser durch die Turbinen ihrer Pumpspeicherkraftwerke laufen lassen und diesen zurück nach Bayern verkaufen. Zweimal Geld verdient; aber dafür kann man den Österreichern nicht wirklich böse sein, denn diese haben das geschafft, was in Bayern derzeit nicht gelingt: den Bau von großen Stromspeicherkapazitäten.

„Die Stromwende bestand in den letzten Jahren nur daraus, möglichst viel Strom unstrukturiert aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Mit einer bedarfsgerechten Stromversorgung eines hochentwickelten Industrie- und Dienstleistungsstandortes hat das aber noch lange nichts zu tun. Jetzt müssen Speicher errichtet und Netze ausgebaut werden, um die Stromwende weiter entscheidend voranzubringen. Auch das wird nicht zum Nullratif zu haben sein“, resümmierte Wolfgang Brandl, Vorsitzender des VBEW.

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