07.10.13

Energiewende: Staatlich geförderte Verbraucher-Entsolidarisierung

Immer mehr private und gewerbliche Photovoltaik- und Blockheizkraftwerksbetreiber optimieren ihre Stromkosten, indem sie Strom selbst erzeugen und verbrauchen. „Somit entgehen sie den stetig wachsenden staatlich organisierten Abgaben und Umlagen, die zur Finanzierung der Energiewende benötigt werden, die aber nur für Stromlieferungen aus dem öffentlichen Netz anfallen,“ sagte Wolfgang Brandl, Vorsitzender des VBEW. Die Folge ist ein schnelles Auseinanderbrechen der seit mehr als 100 Jahren bestehenden Solidargemeinschaft in der Stromversorgung. „Landes- und Bundespolitik schauen derzeit ratlos zu, wie immer mehr Geschäftsmodelle entstehen, welche der Finanzierung der Energiewende die Grundlage entziehen,“ erklärte Wolfgang Brandl.

Die Finanzierung der Energiewende läuft im Grunde nach einem einfachen Muster: Alle Kosten für den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, wie die finanzielle Förderung des Stroms aus Windkraft-, Biomasse- und Photovoltaikanlagen und für den Netzausbau werden auf den Strompreis umgelegt. Das immer größer werdende Problem dabei: Diese Aufschläge sind nur für den Strombezug aus dem öffentlichen Netz zu entrichten. Alle Steuern, Abgaben und Umlagen machen derzeit zusammen rund 50 Prozent des Strompreises für Haushaltskunden aus. Im Jahr 2014 wird mit der Abschaltumlage eine weitere Abgabe eingeführt. Diese wird von den Stromverbrauchern dafür zu entrichten sein, dass Unternehmen dafür eine Vergütung erhalten, wenn sie sich bereit erklären, ihren Stromverbrauch bei „Stromarmut“ zu reduzieren. Wer seinen Strom selbst erzeugt und verbraucht, ist von dieser – wie von allen bisherigen Umlagen – befreit. Er muss dafür auch keine Netzentgelte und regelmäßig keine Stromsteuer entrichten. Meistens wird die Eigenerzeugung sogar noch zusätzlich vom Staat gefördert, was den wirtschaftlichen Vorteil gegenüber dem Strombezug aus dem Netz nochmals erhöht. „Für jeden Stromverbraucher also eine nachvollziehbare Entscheidung, seinen Strom beispielsweise mit einer Photovoltaikanlage – zunehmend mit Stromspeicher – oder einem Blockheizkraftwerk selbst herzustellen,“ sagte Brandl.

Volkswirtschaftlich betrachtet ist dies aber eine Milchmädchenrechnung mit unerfreulichem Ausgang: für die Stromkunden, die ihren Strom aus dem öffentlichen Netz beziehen, für den Staat, dem Steueraufkommen entgeht, sowie für die bayerischen Kommunen, denen zunehmend die Einnahmen aus der Stromkonzessionsabgabe wegbrechen. Im Ergebnis müssen die weiter steigenden Kosten für die Finanzierung der Energiewende auf immer weniger Kunden und geringere Strommengen umgelegt werden. Nämlich auf diejenigen, die im privaten, gewerblichen, industriellen und auch öffentlichen Bereich ihren Strom nicht selbst erzeugen können oder wollen.

„Der dem System der allgemeinen Versorgung zugrundeliegende Gedanke einer Solidargemeinschaft bleibt damit auf der Strecke. Die Energiewende darf die Gesellschaft aber nicht in Gewinner und Verlierer spalten. Daher sind die Lasten für den Umbau der Energieversorgung möglichst gerecht auf „alle Schultern“ zu verteilen. Sonst wird die nachhaltige Energieversorgung auf Grundlage erneuerbarer Energien insgesamt teurer, als sie eigentlich sein müsste,“ erläuterte Brandl.

Der finanzielle Schaden, der dem Staat bzw. der Allgemeinheit durch diese Entwicklung in Deutschland entsteht, beläuft sich nach einer VBEW-Schätzung alleine durch den Selbstverbrauch des Stroms aus Photovoltaikanlagen im Jahr 2013 schon auf über 350 Millionen Euro. „Und das dürfte erst der Anfang einer Fehlentwicklung sein, wenn die Politik nicht schnell die Kraft findet, dieser Entwicklung zu begegnen“, befürchtet Wolfgang Brandl.

Neben den schon in der Öffentlichkeit viel diskutierten Netzentgelt- und Umlagenreduzierungen für energieintensive Unternehmen führt diese Entwicklung sukzessive zu einer weiteren Entsolidarisierung im deutschen Energieversorgungssystem. Das weitverbreitete Energiewende-Motto „Meine Förderung und meine Vergünstigung sollen doch die anderen zahlen, ist aber ein Irrweg, für den wir die Quittung erhalten werden,“ resümierte der VBEW-Vorsitzende.

 

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