25.06.13

Jahrestagung 2013 vom 27. - 28.6.2013 in Erlangen: Bayerische Verbände der Energie- und Wasserwirtschaft warnen: Umsetzung der Energiewende gefährdet – Wahlkampf behindert Rahmenbedingungen

Anlässlich ihrer Jahrestagung haben die Vertreter des Verbands der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft e.V. – VBEW und der DVGW Landesgruppe Bayern vor rund 200 Teilnehmern aus der Versorgungswirtschaft, aus Politik, Behörden und Medien Bilanz zur Energiewende gezogen. „Die Energiewende ist in der Praxis angekommen. Das Wissen um die technische Machbarkeit liegt bei den Energie- und Wasserversorgern. Sie kennen die örtlichen Gegebenheiten und Erfordernisse und halten die optimale Infrastruktur vor,“ sagte Klaus Rubach, Vorsitzender der DVGW Landesgruppe Bayern. Der Umbau der Energieversorgung könne aber nur gelingen, wenn verlässliche Rahmenbedingungen vereinbart und dann beibehalten werden. „Planung und Bau von Infrastrukturmaßnahmen sind langfristig zu realisierende Projekte. Versorgungssicherheit – Bezahlbarkeit – Umweltfreundlichkeit sind dabei die zentralen Kriterien, die die Unternehmen der bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft im Blick haben,“ sagte Norbert Breidenbach, Vorsitzender des VBEW. „Dass in diesem Jahr Erlangen die Gastgeberrolle inne hat , ist ein glücklicher Umstand, da sich die Erlanger Stadtwerke mit voller Kraft für eine sinnvolle Umsetzung der Energiewende engagieren und dabei nicht nur alles schön reden, sondern auch die Probleme auf den Punkt bringen,“ sagte Wolfgang Geus, Vorsitzender des Vorstands der Erlanger Stadtwerke AG - ESTW.

Status Quo: Der Ausbau der Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien kommt in Bayern vor allem bei der Stromerzeugung gut voran

Die Bayerische Staatsregierung hat das Ziel vorgegeben, 50 Prozent des Stromverbrauchs aus heimischen erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2021 zu decken. Nach VBEW-Berechnungen waren es im vergangenen Jahr schon rund 34 Prozent. Maßgeblich für diese Steigerung ist in Bayern der wachsende Anteil der Photovoltaik an der Stromerzeugung. Diese hat mittlerweile im Jahressaldo einen Anteil von 30 Prozent an der gesamten bayerischen Stromproduktion aus erneuerbaren Energien. Insgesamt soll 2021 rund 20 Prozent des Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien im Freistaat gedeckt werden. Derzeit sind es rund 15 Prozent.

Technische Herausforderung: Erneuerbare Energien müssen „grundlastfähig“ werden

„Die erneuerbaren Energien stellen uns technisch vor die Herausforderung, die teilweise sehr stark schwankenden Einspeisemengen zu managen, um die Netzstabilität zu halten, und zugleich zu dem Zeitpunkt Energie bereitzustellen, zu dem die Kunden diese abrufen. Allerdings haben alle erneuerbaren Energieträger ihre Stärken und Schwächen,“ sagte Breidenbach. Während der Strom aus Wasserkraft und der Biomasse bedarfsgerecht erzeugt wird, dafür aber das noch erschließbare Potential begrenzt ist, kann der Strom aus der Windkraft nur witterungsabhängig und aus der Photovoltaik zusätzlich nur tages- und jahreszeitabhängig produziert werden. Das technische Ausbaupotential bei Wind und Photovoltaik ist hingegen noch längst nicht ausgeschöpft.

Flächenbedarf der Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien
wird zunehmen

Der Umbau der Energieversorgung auf der Grundlage heimischer erneuerbarer Energien wird in Bayern zunehmend optisch sichtbar. Immer mehr Fläche und Raum wird für die Energiegewinnung benötigt. „Um die Ausbauziele der Bayerischen Staatsregierung für das Jahr 2021 zu erreichen, wird ein Drittel der Fläche unseres Landes in irgendeiner Form in Anspruch genommen werden müssen. Damit könnten dann rund 20 Prozent des gesamten Energieverbrauches aus erneuerbaren Energien gedeckt werden,“ sagte Detlef Fischer, Geschäftsführer des VBEW. Bislang war es ein bequemer Weg, große Teile der benötigten Energie aus dem Ausland zu importieren. Dadurch war die Flächeninanspruchnahme für die Umwandlung von Primärenergie in Endenergie überschaubar. „Jetzt stellen wir jedoch fest, dass die Energiewende zu sichtbaren Veränderungen vor Ort führt. Wir müssen der Gesellschaft vermitteln, dass dies ein unausweichlich optischer „Preis“ für die Energiewende ist. Es ist im Interesse der Allgemeinheit, dass die Belange der Wasserversorgung dabei nicht ins Hintertreffen geraten und der Schutz des Grundwassers gewahrt bleibt,“ sagte Fischer.

Finanzierung der Energiewende muss gesamtgesellschaftliche Aufgabe bleiben

Der Preis für den Strombezug aus dem Netz ist in den letzten Jahren für alle Verbrauchergruppen stark angestiegen. Er resultiert maßgeblich aus dem stetig wachsenden vom Staat induzierten Anteil, der durch diverse Umlagen, Steuern und Abgaben bereits bei über 50 Prozent liegt. Mit diesem Geld wird die Energiewende maßgeblich finanziert.“Wer seinen Strom selbst erzeugt, ist von diesen Zusatzkosten befreit und zahlt auch keine Netzentgelte. Häufig wird die Eigenerzeugung zusätzlich noch vom Staat gefördert,“ sagte Fischer. Für den Stromverbraucher also eine nachvollziehbare Entscheidung, seinen Strom selbst zu erzeugen und direkt zu Hause zu verbrauchen. Die Folge: Die steigenden Kosten für die Finanzierung der Energiewende müssen auf immer weniger Strommengen und Kunden umgelegt werden. Nämlich auf diejenigen, die im privaten, industriellen und auch öffentlichen Bereich ihren Strom nicht selbst erzeugen können oder wollen.

Jahrestagung greift aktuelle Themen auf

„In den nächsten Jahren geht es darum, die gesellschaftliche Akzeptanz für die Energiewende zu halten, den Netzausbau voranzutreiben, Speichertechnologien zur Marktreife zu entwickeln und zu untersuchen, welche Potenziale beim Lastmanagement zum Ausgleich der Schwankungen der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien genutzt werden können. Diese Themen haben wir im Programm der Jahrestagung aufgegriffen,“ sagte Breidenbach.

Speichertechnologien sind zur Marktreife zu entwickeln

„Eine Schlüsselkomponente für die Energieversorgung der Zukunft stellen effiziente Speicher- und Transporttechnologien dar, die Strom dann aufnehmen, wenn er im Überschuss produziert wird, und ihn dann wieder abgeben, wenn er benötigt wird. Die Gasinfrastruktur ist der zurzeit einzige existierende Energiespeicher mit einer für diese Aufgabe ausreichenden Kapazität“, erläuterte Rubach. Bayern hat ein weitverzweigtes Gasnetz, das sich über ca. 40.000 km erstreckt und über das täglich ca. 1,7 Mio. Haushalte und Betriebe mit Energie in Form von Erdgas und Bio-Erdgas versorgt werden. Darüber hinaus verfügt Bayern über große unter-
irdische Speicher, die mit ihrem Arbeitsvolumen ca. ein Drittel des jährlichen bayerischen Erdgasbedarfs aufnehmen können. „Die Erdgasinfrastruktur bietet uns bereits ein flächendeckend vorhandenes Speichermedium. Für die Frage der Kosten muss eine angemessene und wirtschaftliche Lösung gefunden werden,“ so Rubach.

Forschung und Entwicklung ist voranzutreiben: DVGW erzielt ersten Meilenstein mit der „Power-to-Gas“-Studie

Inwiefern Strom und Gas im Rahmen eines ganzheitlichen Energiekonzeptes eng miteinander verbunden werden können, wurde in der DVGW-Studie „Power-to-Gas“ untersucht. Überschüssig erzeugter Strom aus Sonne und Wind kann in Form von Wasserstoff oder Methan ins Erdgasnetz eingespeist werden. Das Verfahren klingt einfach: mittels elektrischer Energie wird aus Wasser mittels Elektrolyse Wasserstoff gewonnen. Wenn dieser in einem weiteren Verfahren mit Kohlenstoffdioxid (CO2) reagiert, entsteht synthetisches Methan. Dieses ist dann im Erdgasnetz verfügbar.

„Die DVGW-Studie betrachtet Power-to-Gas nicht nur als Technologie rein zum Stromspeichern. Sie beschreibt die systemischen Vorteile von Power-to-Gas als Bindeglied eines volatilen regenerativen Stromsystems mit einem flexiblen und speicherfähigen Gassystem. Damit kann erneuerbarer Strom bedarfsgerecht für eine Vielzahl von Anwendungen bereitgestellt werden: In der Wärme- und Stromversorgung, genauso wie in der Mobilität oder gar als chemischer Grundstoff,“ erläuterte Rubach.

Bayerische Wasserwirtschaft bietet ebenfalls Infrastruktur für „Lastmanagement“

Nicht nur die bayerische Energiewirtschaft, sondern auch die Unternehmen der bayerischen Wasserwirtschaft engagieren sich mit Projekten zur Umsetzung der Energiewende. Auf der Jahrestagung werden im Programmpunkt „Innovationsforum“ Potenziale der bayerischen Wasserver- und Abwasserentsorgungsunternehmen analysiert, die durch die Verschiebung von Pumpzeiten einen interessanten Beitrag zum Ausgleich der Schwankungen in der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien leisten können. „Wir treffen uns zum Ideenaustausch. Eine Pumpe andersherum betrieben ist ein Generator. Ergo: Die Wasserversorger können bestimmte Pumpen auch als Turbinen einsetzen und auf diese Weise Strom (rück-)gewinnen. Somit können in kritischen Zeiten die Stromnetze entlastet oder Strom erzeugt werden,“ erläuterte Jörn-Helge Möller, Geschäftsführer der DVGW Landesgruppe Bayern.

Erlanger Stadtwerke – die Umsetzung der Energiewende gehört zum Tagesgeschäft

„Damit die Energiewende gelingen kann, benötigen wir neben den regenerativ erzeugten Kilowattstunden und der Speicherproblematik auch Lösungen für die Netzstabilität sowie eine Änderung der politischen Rahmenbedingungen. Die Risiken und Chancen der Energiewende müssen aber auch bei der Bevölkerung vor Ort ankommen und akzeptiert werden. Diesen Beitrag müssen wir als Stadtwerke leisten. Die in der letzten Woche im Rathausfoyer feierlich enthüllte ‚Energiewand‘, ein Projekt der ESTW-Azubis, leistet hierzu einen wichtigen Beitrag,“ sagte Geus.

Die bayerischen Energie- und Wasserversorger haben ein großes Know-how, die Energiewende zu meistern

„Die Verbände VBEW und DVGW-Landesgruppe Bayern werden sich weiter im sachlichen Dialog mit allen Interessengruppen dafür einbringen, dass die Versorgung mit Energie und Trinkwasser umweltfreundlich, sicher und für jeden bezahlbar bleibt,“ sagte Breidenbach. Die über 360 Mitgliedsunternehmen des VBEW, die die Strom-, Gas- und Trinkwasserversorgung sowie die Abwasserentsorgung in Bayern betreiben, und die 1.923 Mitglieder der DVGW Landesgruppe Bayern, die in der Gas- und Trinkwasserversorgung tätig sind, stehen mit ihrer Expertise bereit, um die Herausforderungen der kommenden Jahre in der Energie- und Wasserwirtschaft zu meistern.

Weitere Informationen: s. auch unter www.dvgw-bayern.de und unter www.vbew.de -> Presse -> Pressegespräch

Weitere Informationen:

Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft e.V. - VBEW
Kommunikation
Wilhelm-Wagenfeld-Straße 4
80807 München

Tel. 089 / 38 01 82-45
Fax 089 / 38 01 82-29
E-Mail: vbew@vbew.de
Internet: http://www.vbew.de